Weiterbildungspflicht

Weiterbildungspflicht des Fachanwalts SAV Erbrecht

I. Fachanwälte SAV sind zur permanenten Weiterbildung verpflichtet

Nach Absolvierung des Fachausbildungskurses (120 Stunden) und nach dem Bestehen der vorgeschriebenen Prüfungen sind nun die ersten Fachanwälte SAV/Fachanwältinnen SAV berech­tigt, diesen Titel zu führen. Im Gegensatz zu einem akademi­schen Titel oder zum Fähigkeitsausweis als Rechtsanwalt droht beim Fachanwalt der «Titelverlust» unter anderem dann, wenn «die verlangte Weiterbildung nicht nachgewiesen wird» (§ 19 Abs. 1 des Reglements Fachanwalt/Fachanwältin SAV, Regl FA).

Der Fachanwalt SAV ist- anders als jeder andere Rechtsan­walt - nicht nur ausdrücklich zur permanenten Weiterbildung verpflichtet, er muss diese auch nachweisen. Dieser Grundsatz ist in § 8 Abs. 1 Ziff. 8 des Regl FA enthalten. Die Ausführungs­bestimmungen im Reglement Weiterbildung Fachanwalt/Fach­anwältin SAV (Regl WB FA) verpflichten die Fachanwältlnnen während mindestens zwei Tagen pro Jahr an Weiterbildungsver­anstaltungen im jeweiligen Fachgebiet teilzunehmen (als Zuhö­rerln oder Referentin) und sich darüber jährlich auszuweisen. Zum Teil angerechnet werden auch Publikationen im entspre­chenden Fachgebiet.

Das Weiterbildungsreglement umschreibt den genauen Um­fang der jährlichen Weiterbildungspflicht. Die zwei Tage werden als 12 Weiterbildungspunkte (Credits) pro Kalenderjahr defi­niert, wobei ein Vorholen von max. 12 Credits im Vorjahr oder ein Nachholen fehlender Credits direkt im Folgejahr möglich ist. Eine Lektion von mind. 45 Minuten entspricht einem Credit. Bei einer Referententätigkeit im Fachgebiet entspricht eine Lektion von mind. 45 Minuten 3 Credits. Bei einer anrechenbaren Fach­publikation entsprechen 3 000 Zeichen einem Credit, wobei für eine Publikation max. 6 Credits angerechnet werden.

II. Weiterbildung wo und wie?

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die Weiter­bildung der Fachanwälte SAV Erbrecht, können u.U. aber auch eine Anregung für andere Fachanwälte SAV sein. Im 120-stündi­gen Spezialisierungskurs Erbrecht bildeten die Teilnehmermo­dule, bei denen ein Kursteilnehmer «Knacknüsse» aus seiner bisherigen Praxis vorstellte, einen wesentlichen und höchst effi­zienten Beitrag zur Weiterbildung, was auch die intensiven Fall­diskussionen bewiesen. Das Einzelfall Know-how des Fachkolle­gen bildete die Basis für die Weiterbildung der andern. Hier ist anzuknüpfen.

Am 4. Januar 2007 haben die drei erbrechtlich ausgerichte­ten Professoren Peter Breitschmid, Paul Eitel und Hans Rainer Künzle den «Verein Successio» gegründet. Der Verein verfolgt unter anderem den Zweck, die schweizerische und die internati­onale Praxis und Wissenschaft des Erbrechts zu fördern. In wei­ser Voraussicht haben die Vereinsgründer die Zusammensetzung des Vereinsvorstandes statutarisch so umschrieben, dass min­destens 2 Mitglieder Inhaber des Titels Fachanwalt SAV im Er­brecht sein sollen. Mittlerweile sind alle Fachanwältlnnen SAV Erbrecht Mitglied des «Vereins Successio». (Zur Klarstellung: der Fachanwalt SAV ist keine Mitgliedschaftsvoraussetzung). Als die Fachanwälte Erbrecht zwecks Organisation der eigenen Weiter­bildung die Gründung einer eigenen Fachgesellschaft diskutier­ten, entschied man sich: «Primär Successio, subsidiär Sezessio». Als der «Verein Successio» die praxisorientierte Weiterbildung der Fachanwälte unter dem Vereinsdach bejahte, erübrigte sich die Gründung einer eigenen Fachgesellschaft.

Der «Verein Successio» hat bereits zwei schweizerische Erb­rechtstagungen durchgeführt und diese Institution soll jährlich beibehalten werden. Damit besteht ein erstes Weiterbildungs­angebot für die Erbrechtler, doch erfüllt die Teilnahme am Erb­rechtstag das jährliche Weiterbildungsplansoll von 12 Credits nicht.

Erforderlich ist eine weitere, institutionalisierte, praxisorien­tierte erbrechtliche Weiterbildungsmöglichkeit. Unter dem orga­nisatorischen Dach des «Vereins Successio» führen die Fachan­wälte SAV Erbrecht am 14./15. März 2008 ein erstes eigenes Weiterbildungsseminar durch, an dem auch alle Mitglieder des «Vereins Successio» teilnehmen können. Das Seminar beginnt am Freitagnachmittag und endet am Samstagnachmittag und ist mit einer Übernachtung verbunden. Damit besteht auch die Ge­legenheit zur Auffrischung und Intensivierung der kollegialen Kontaktpflege am Freitagabend.

Das Seminar wird von Fachanwälten moderiert und soll schwergewichtig von Fachanwälten bestritten werden, die ihre aktuellen «Knacknüsse» präsentieren und zur Diskussion stel­len. Ein besonderes Augenmerk gilt der Aufarbeitung und kriti­schen Durchleuchtung der aktuellen Judikatur und Literatur. Hauptzielsetzung ist die Weiterführung der im Weiterbildungs­kurs gemachten Erfahrungen, dass die Weiterbildung von Fach­anwälten durch das Know-how der Kollegen und Kolleginnen ef­fizient war. Mit gutem Grund darf angenommen werden, dass auch Chirurgen weiterbildungsmässig am meisten von geglück­ten und missglückten Operationen ihrer Fachkollegen profi­tieren.

Nötigenfalls und soweit es die Aktualität gebietet, werden si­cherlich auch Referate durchgeführt, die spezifisch auf das Ni­veau der Fachanwälte ausgerichtet sind. Der Vorteil  der «hausei­genen» Weiterbildung besteht auch darin, dass die Fachanwälte fortlaufend ihre aktuellen Bedürfnisse (und Weiterbildungslü­cken) kennen und selber schliessen können.

Dieses Seminar dient nicht nur der eigentlichen Weiterbil­dung, sondern vor allem auch der stets fruchtbaren Kontakt­pflege unter den Fachanwälten und bietet Gelegenheit, die jähr­lich neu dazukommenden Fachanwälte persönlich kennen zu lernen.

Das Programm ist so ausgerichtet, dass am Freitagnachmit­tag 4 Credits (à 45 min.) und am Samstagmorgen 4 Credits, so­mit total 8 Credits, angeboten werden.

Mit dem Erbrechtstag und dem eigenen Weiterbildungssemi­nar besteht - unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Fachkommission Erbrecht des SAV - für jeden Fachanwalt SAV Erbrecht die Möglichkeit, die jährlich notwendigen Credits zu «beschaffen», die er mit einer zusätzlichen Referententätigkeit noch erhöhen kann. Mit diesen Seminarangeboten und der Möglichkeit, sich auch Credits durch Publikationen und Referen­tentätigkeit zu äufnen, besteht Gewähr, dass der Fachanwalt SAV sein Weiterbildungssoll unter Berücksichtigung der Mög­lichkeit des Vor- und Nachholens jährlich erfüllen kann.

Dieser Artikel wurde von Hans Wüst verfasst und publiziert in der Anwaltsrevue 2008, 24-26.